Ich bekomm in letzter Zeit immer häufiger Kaltakquise-Emails, die fast identisch aufgebaut sind. Und immer dasselbe verkaufen: Youtube-Coaching.
Leider machen die Absender einiges falsch, weshalb ich den Löschen-Knopf gar nicht schnell genug drücken kann.
Was total doof ist, weil …
Kaltakquise kann dir gute Kunden bringen.
Auch wenn ich lieber auf Content-Marketing setze, meine ersten Kunden als Freelancer hab ich mit Kaltaquise-Emails gewonnen.
Kaltakquise geht schneller als Content-Marketing und nach meiner Kündigung brauchte ich schnell die ersten Aufträge als Freelancer, damit Geld rein kommt.
Also hab ich Berliner Werbe- und Eventagenturen recherchiert und 36 personalisierte Akquise-Emails versendet. Daraus wurden 4 Auftraggeber und tausende Euro Einnahmen.
Die Recherche und das Schreiben der individuellen Emails hat mich mehrere Tage gekostet.
Das unterscheidet eine gute Akquise-Email von einer Spam-Email: Die Mühe und Zeit, die reinfließen.
Schauen wir uns ein Beispiel an. Ich unterstelle den Absendern gute Absichten. Ich möchte das Beispiel hier zeigen, weil ich denke, dass es besser geht.
Was du generell wissen musst: Eigentlich darfst du keine Kaltakquise-Emails versenden! Gemäß DSGVO brauchst du für den Versand von Werbe-Emails eine Einwilligung. Wenn du Emails ohne Einwilligung versendest, kannst du abgemahnt werden. Darum ist es um so wichtiger, dass deine Email so persönlich wie möglich klingt. Das Risiko bleibt trotzdem.
Warum diese Art von Kaltakquise-Email spammig wirkt
Eine wildfremde Person schreibt mich an.
Ich hab keine Ahnung, wer das ist, woher wir uns kennen und warum ich diese Email überhaupt lesen soll.
Ich soll 3 Minuten Zeit investieren.
Mir wird ein 3-minütiges Video empfohlen mit einem attraktiven Versprechen: Wie ich auf Youtube mehr Kundenanfragen gewinn. Mehr Kunden klingt super, das wollen wir alle.
Meine Zeit ist kostbar. Warum soll ich mir ein 3-Minuten-Video von einem Wildfremden anschauen?
Das Problem:
Ich kenn den Absender nicht und mit “Sehr geehrte Frau Holze” grüßen mich sonst nur Ämter und Spammer. Wer mich kennt, weiß, das ich lieber geduzt werde. Die Anrede schreit nach: Wir kennen uns nicht.
Ich bin trainiert, keine Links in Spam-Emails zu klicken. Da ich mir bei dieser Email nicht sicher bin, ob die Spam ist oder nicht, will ich nicht wirklich den Link klicken.
Das Video nimmt Angst zum Aufhänger.
Zu Analysezwecken hab ich mir die ersten anderthalb Minuten des Videos angeschaut.
Es beginnt so: “Ihr Kanal gewinnt kaum Reichweite und wächst sehr langsam. Das ist deshalb ein Problem, weil Sie so kaum Kundenanfragen generieren und Kunden an Ihre Mitbewerber verlieren.”
Es wird mir “mein Problem” genannt und dann die Angst aufgebaut, etwas zu verlieren – nämlich meine Kunden an meine Wettbewerber zu verlieren.
Was hier falsch läuft:
Die Absender haben sich nicht die Arbeit gemacht, mich mal zu recherchieren. Dann wüssten die, dass ich meine Reichweite anderswo habe, Wachstum meines Youtube-Kanals nicht mein Fokus ist und ich wirklich kein Problem mit der Kundengewinnung habe :-).
Dann folgen zwei Tipps. Der erste Tipp ist, die Video Thumbnails knalliger zu machen. Für den zweiten Tipp hatte ich keine Geduld.
Ich soll ins Gespräch kommen – obwohl wir uns nicht kennen.
Gleich in der Email und auch unter dem Video werd ich zum Gespräch eingeladen.
Das ist viel zu früh. Ich mache keine Termine mit Fremden.
Das Problem dieser und vieler anderer Kaltakquise-Emails:
Die Email überspringt mehrere Stationen auf dem Weg der Kundenreise.
Sie geht direkt von Wir kennen uns nicht zu Komm ins Verkaufsgespräch (denn nichts anderes ist das kostenlose Gespräch).
Das ist so, als würdest du beim ersten Kaffee-trinken-Date gefragt, ob du heiraten und Kinder machen willst.
Damit diese Art der Email funktioniert, wird Angst und FOMO (Fear of Missing Out – Angst, was zu verpassen) erzeugt, zwei sehr starke Trigger. (Die Email oben ist noch ein softes “nettes” Beispiel.)
Wenn die Zahl der versandten Emails nur groß genug ist, werden genügend Leute anbeißen.
Weil nichts so sehr motiviert, wie die Angst was zu verlieren.
Ich würd mich fragen:
Welchen ersten Eindruck will ich hinterlassen?
Drückerkolonnen-Marketing funktioniert. Aber gutes Image lässt sich damit nicht aufbauen.
Wenn ich langfristig denke, ist diese Art des Marketings verheerend. Wer will schon mit einem Freak, der im Erstkontakt schon mit der Tür ins Haus fällt, in Kontakt bleiben?
Wahrscheinlich funktioniert diese Art der Email sogar, denn viele Empfänger werden durch Angst zum Handeln bewegt.
Hier ist die wichtigste Frage, die du für dich beantworten musst:
Möchte ich meine Kunden so gewinnen, dass ich ihnen Angst mache? Mit welchem Gefühl sollen die bei mir landen und am Ende rausgehen?
Die Email und die Texte klingen nach einem Schema (ich bekomm ständig solche Emails – alle nach derselben Kopiervorlage).
Copy-Paste. Schnell gemacht. Die sind nicht auf mich und meine Situation zugeschnitten. Und darum wirkt es wie Spam. (Was schade ist, weil sie sich immerhin Zeit für das Video nehmen.)
Zusammengefasst, warum diese Email bei mir einen bitteren Geschmack hinterlässt. Eine wildfremde Person kommt in meine Inbox und sagt mir “mein Problem” und macht mir Angst.
Die Person liefert keinerlei Beweise oder gibt sich als vertrauenswürdig zu erkennen.
Die 4 Elemente einer nicht spammigen Akquise-Email
Die größte Herausforderung bei Kaltakquise-Emails ist, dass wir Menschen anschreiben, die noch nie von uns gehört haben. Kalte Kontakte in Fachsprech.
Darum ist es so wichtig, so schnell wie möglich Vertrauen aufzubauen.
1 Stell eine Verbindung her
Sag im ersten Satz, warum ich weiterlesen soll.
Woher kennen wir uns?
Dieser Teil der Akquise-Email erfordert Arbeit, weshalb die meisten Spammer Absender lieber auf Angst und FOMO setzen.
- Sind wir in derselben Facebook-Gruppe,
- haben wir einen gemeinsamen Bekannten,
- kam einer meiner Inhalte beim Absender gut an und er teilt meine Meinung (Honig ums Maul, wenn ernst gemeint, ist immer gut)?
Indem du eine Verbindung herstellst, bist du nicht mehr fremd. Das erhöht die Chancen, dass ich deine Email lese. Deshalb muss das in den 1. Satz.
Hier ein richtig gutes Beispiel: Matthias hat auf meinen Newsletter geantwortet und mir seine Hilfe angeboten.
So hat er mir gezeigt, dass er mich schon kennt und war superkonkret in seiner Email.
Manchmal ist die persönliche Verbindung schwer möglich. So hatten die Agenturen, für die ich als Freelancer arbeiten wollte, keinen Newsletter oder Content.
Hier der nächstbeste Weg:
Zeig, dass du dich mit deinem Empfänger auseinander gesetzt hast.
Die Youtube-Berater hätten ihre Email so starten können:
***
Hey Sandra,
wir haben gesehen, dass du einen echt guten Blog schreibst und Podcast produzierst.
Wir denken, dass du noch viel mehr aus deinem Content bei Youtube rausholen kannst.
Wir sind Youtube-Berater und zeigen Experten wie dir, wie sie bei Youtube massiv Reichweite aufbauen und potenzielle Kunden auf sich aufmerksam machen.
Wir haben uns mal deinen Youtube-Account angeschaut. Hier im Video geben wir dir 3 Tipps, wie du …
***
2 Wer bist du (Absender) und wie kannst du mir helfen?
Sag kurz und knapp wer du bist. Dann sag, warum du mir die Email schickst. Was kannst du für mich tun?
Ganz wichtig: Dein Angebot MUSS relevant sein.
Spam-Emails funktionieren, weil sie in riesengroßer Zahl verschickt werden. Die sind für 99.5% der Empfänger nicht relevant.
Eine gute Akquise-Email ist personalisiert und macht neugierig, weil sie ein relevantes Angebot enthält.
Hier siehst du meine Email. Ich wusste genau, für welche Tätigkeiten Freelancer gesucht werden und hab mein Angebot daran angepasst.
3 Zeig mir Beweise.
Der beste Beweis dafür, was du drauf hast, sind zufriedene Kunden.
Wenn du neu startest und noch keine Kunden hast, such dir ein paar “Testobjekte” und arbeite kostenlos für die im Austausch für eine Referenz. Kundenstimmen sind sooooo wichtig, dass sich Gratis-Arbeit dafür immer lohnt.
Bei meinen Freelance-Emails hab ich die Referenzen an jeden Kunden angepasst, so dass Tätigkeiten und Branchenerfahrung immer zu dem passen, was der Kunde sucht.
Beweise deiner Arbeit:
- Kunden zitieren – direkt in der Email
- Highlights deiner Karriere nennen
- auf dein Portfolio verlinken (z.B. unten in der Email-Signatur)
- zum Youtube-Kanal / Blog / Podcast verlinken
Das Verrückte an der Youtube-Email (und allen anderen nach diesem Schema):
Es gibt keinen Link zu Youtube!
Wenn mir jemand Youtube beibringen will, dann will ich den Youtube-Kanal sehen. Ich will einen Beweis dafür, dass die Person Ahnung hat.
Selbst wenn die Youtube-Berater noch keine Kunden hätten… ein eigener großer, oder zumindest stark wachsender Youtube-Kanal wäre Beweis genug.
4 Ein klarer nächster Schritt
Was soll ich tun, wenn ich die Email gelesen habe?
Formuliere das in klaren Worten. Kein hätte, könnte, dürfte, würde ich mich freuen.
Mögliche nächste Schritte:
- auf die Email antworten
- einen Telefontermin ausmachen
- im Blog oder auf Youtube ein Video schauen
Der nächste Schritt muss einfach für den Empfänger sein.
Ganz wichtig: Ich muss wissen, wer du bist und ob du vertrauenswürdig bist, bevor ich meine Zeit in ein Gespräch investiere.
In der Youtube-Email konnte ich nix über den Absender erfahren, aber sollte gleich über Calendly einen Termin buchen. Ich mach nur Termine mit Menschen, die ich kenne.
Fazit: Verschicke weniger, dafür personalisierte Kaltakquise-Emails.
Kaltakquise ist toll für deinen Start. Wenn du sie richtig machst.
Investiere die Zeit, personalisierte Akquise-Emails zu schreiben, in denen du ein relevantes Angebot machst.
Das gibt dir eine höhere Conversionrate als massenhaft versendete (Spam-)Emails. Und selbst die Empfänger, die keinen Bedarf haben, behalten dich in guter Erinnerung.
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Los geht's
Aber B2B – Kaltaquise ist ja erlaubt – zumindest wenn es um Anrufen geht. Vermute mal das das auch auf den Mail-Weg zutrifft.
Im Bereich B2C ist es klar verboten.
Eine wirklich erfrischende Website und ein herrliches Foto 🙂
LG Markus
Hi Markus, nein, im B2B ist Email-Kaltakquise ebenso nicht erlaubt wie in B2C ;-).
Vielleicht könntest du noch etwas mehr auf die rechtlichen Aspekte eingehen. Es ist alles nicht ganz ungefährlich, was man im Bereich des Email-Marketings tun kann. Die Lage der Rechtsprechung hat sich in letzter Zeit etwas verschärft – nicht nur in Deutschland.
Hallo Sandra, danke für den guten Artikel. Ich bin ja immer noch gegen Kaltaquise, auch wenn es mitlerweile per Gesetzt stark eingeschränkt wurde. A&O sind immer noch Beziehungen und noch wichtiger: zufriedene Kunden. Aber ich weiß auch, dass zum Besipiel gerade am Anfang einer Gründung, dies nicht immer gegeben ist. Hier sind Deine Tipps Gold wert 🙂
Hallo Sandra,
danke für diesen inspirierenden Artikel.
Ich bin beim Lesen etwas ins Schleudern geraten hinsichtlich des Begriffs „Kaltakquise-E-Mail“.
„Reine“ Kaltakquise-E-Mails sind ja – nach meinem Wissensstand – ohne die entsprechende Einwilligung des Empfängers verboten (OptIn-Verfahren) – oder?
Viele Grüße
Martina
Ja genau, dazu steht oben im Artikel auch ein kurzer Absatz. Laut DSGVO brauchst du für den Versand von Werbe-Emails eine explizite Einwilligung (die holst du dir ja z.B. beim Newsletter durch das Double Opt-in). Viele Grüße, Lea // Team Sandra