Damit uns Online-Kurs-Anbietern nicht langweilig wird, wurde uns eine neue Hürde in den Weg gelegt: Die Zertifizierung der Zentralstelle für Fernunterricht.
Wenn du Online-Kurse an deutsche Kunden verkaufst und keine Ahnung hast, wovon ich rede, oder von sensationsheischenden Botschaften in Facebook-Gruppen verunsichert bist, hör UNBEDINGT diese Podcast-Folge.
Die auf Online-Recht spezialisierte Rechtsanwältin Sabrina Keese-Haufs klärt uns auf darüber,
- was die ZFU-Zertifizierung bedeutet und ob es sich lohnt, diese zu beantragen
- wie deine Kurse gestaltet sein müssen, um aus der ZFU-Zertifikat-Nummer rauszukommen
- welche Kurse du weiterhin über Digistore und Co. verkaufen kannst
Die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
Wie Sabrina so schön sagt:
Die ZFU ist gekommen, um zu bleiben, so wie die DSGVO.
Als Online-Unternehmer musst du dich damit auseinandersetzen,
- was ein ZFU-Zertifikat für deinen Kurs bedeutet und ob dir das Vorteile bringt
- wie du OHNE ZFU-Zertifikat deine Kurse verkaufst
- ob du weiterhin bei Digistore im Reseller-Modell verkaufen willst oder lieber im eigenen Namen verkaufst
- warum der Verkauf im eigenen Namen ggf. Vorteile hat, wenn du die ZFU umgehen willst
Wann gilt dein Kurs als Fernunterricht?
Dein Produkt gilt als Fernunterricht, wenn ALLE folgenden Kriterien erfüllt sind:
- Die Kommunikation zwischen dir und deinen Kursteilnehmern findet zu mehr als 50% asynchron statt. Das heißt, die Teilnehmer arbeiten die Inhalte in ihrer eigenen Zeit durch.
- Dein Kurs bietet eine individuelle Lernerfolgskontrolle. Das sind leider nicht nur Tests und Quizzes, sondern auch die uns üblichen Fragerunden, Facebook- oder Whatsapp-Gruppen (warum die Lernkontrolle darstellen, müssen wir nicht verstehen).
Was, wenn du ohne Zertifizierung verkaufst?
Wenn dein Kurs eigentlich unter das Fernunterrichtsgesetz fällt und du kein Zertifikat hast, ist der Kaufvertrag nichtens. Bedeutet, frustrierte (oder spitzfindige Kunden) können sich das Geld zurückholen.
Wenn du gute Arbeit machst und deine Kunden zufrieden sind, ist die Gefahr sehr klein.
Allerdings, Digistore verkauft als Reseller deine Kurse. Die wollen sich absichern gegenüber späteren Forderungen.
Darum kannst du bei Digistore nur noch Kurse anbieten, die nicht als Fernunterricht zählen.
Lohnt sich das ZFU-Zertifikat für deine Kurse?
Kommt darauf an.
Wenn du denkst, dass ein ZFU-Zertifikat ein Qualitätssiegel darstellt, von dem deine Kunden beeindruckt sind, dann ja.
Du solltest allerdings wissen, dass die ZFU die Zahlungsbedingungen für deinen Kurs vorgibt:
- Deine Kunden zahlen nicht vorab – wie es bei uns Online-Kurs-Anbietern üblich ist – sondern nachdem sie den Kurs durchlaufen sind.
- Außerdem können Kunden bei einem Jahresprogramm z.B. auch nach 6 Monaten ohne Angabe von Gründen noch kündigen.
Ich steh auf Liquidität und bevorzuge deshalb Vorab-Zahlungen oder Ratenzahlungen.
So gern ich eine Geld-zurück-Garantie anbiete, will ich immer den Grund wissen, damit ich mein Angebot verbessern kann.
Außerdem ist ein Zertifikat immer nur für einen Kurs. Verkaufst du mehrere Kurse, musst du mehrmals durch den Prozess. Ändern sich die Inhalte musst du auch wieder durch.
Thank you, but no thank you, ZFU.
Wie du die ZFU-Zertifizierung umgehst
Wenn du dich fragst, wie du aus der Nummer rauskommst und ohne ZFU deine Kurse verkaufst, gibt es ein paar Möglichkeiten.
A: Du bietest reine Selbstlernkurse an.
Das sind Videokurse, die OHNE Feedback von dir auskommen – also ohne Facebook-Gruppe, Email-Support oder Zoom-Calls. Erlaubt sind nur Fragen zur Technik, wie dem Login.
Lernkontrolle bei reinen Selbstlernkursen:
Oft sind Tests am Ende eines Moduls üblich, um das nächste Modul freizuschalten.
- Multiple Choice Fragen am Ende eines Moduls zählen nicht als Lernkontrolle und sind ok (Frag nicht, warum 🙂 )
- Quizzes und Tests hingegen, die jemand bestehen muss, sind nicht ok.
B: Wenn du Kurse mit Feedback anbieten willst:
Die einfachste ZFU-Vermeidungsregel, die Sabrina im Podcast erklärt:
Biete mehr als 50% synchrone Inhalte an.
Wenn deine aufgezeichneten Kurs-Videos (Anleitungen, keine Q&As!) 5 Stunden ausmachen, biete 6 Stunden Live-Inhalte an.
Synchrone Live-Inhalte sind: Co-Workings, Coaching-Runden, Q&As, Einzel-Coachings, die NICHT aufgezeichnet werden.
Kurs und Live-Sessions in Kombination verkaufen
Bei Digistore kannst du nicht länger einen Video-Kurs mit zusätzlichen Live-Fragerunden verkaufen. Denn Kurs und Coaching sind zwei verschiedene Produkttypen.
Digistore empfiehlt, deinen Selbstlernkurs als Hauptprodukt anzubieten und die Live-Sessions als Add-on. Mehr Infos in der Digistore Hilfe.
Verkaufst du in eigenem Namen, könntest du beide Elemente in einem Kurs verkaufen – insofern du mehr als 50% synchrone Inhalte anbietest.
Beachte: Diese Infos haben Stand 23. Mai 2023 und die Rechtsprechung hierzu nimmt gerade erst Fahrt auf. Stay informed!
Links zu dieser Folge:
Sabrinas Infos und Test zur ZFU
Nachtrag:
Auf der Webseite von Digistore24 (https://www.digistore24.com/fernunterricht) steht noch folgendes:
„Bei Lehrgängen ohne beruflichen oder gewerblichen Bezug, sogenannten Hobbylehrgängen, wird die Zulassung durch eine Anzeigepflicht ersetzt. Die sonstigen Regelungen des FernUSG gelten allerdings auch hier.“
Die ganzen Regelungen sind daher ziemlich umfassend.
Hallo Sandra,
uns hat auch soeben „der Schlag“ getroffen.
Wenn ich Digistore24 richtig verstanden habe, muss (oder sollte) der Coaching Teil vom „Selbstlernkurs“ getrennt werden und als ein eigenständiges Produkt angeboten werden.
Dieses „eigenständige“ Produkt kann dann als AdOn zum Selbstlernkurs angeboten werden, muss aber auch ohne den Selbstlernkurs bestellbar sein.
Und damit ist man dann bei dem eigentlichen Punkt:
Damit später nicht irgendein Richter auf die Idee kommt, dass die Trennung der beiden Produkte nur vorgenommen wurde, um „ein Gesetz zu umgehen“, muss das Coaching nicht nur ohne Selbstlernkurs bestellbar sein, sondern auch inhaltlich Sinn ergeben.
Das bedeutet aus meiner Sicht, wenn das Coaching oder Co-Working auch ohne Selbstlernkurs sinnvoll ist, kann der Weg von Digistore24 funktionieren.
Was ich jetzt gerade noch gelesen habe:
Wenn ein Hobbykurs (beispielsweise Klavier für Anfänger) auch nicht unbedingt zertifizierungspflichtig ist, so wäre er zumindest „anmeldepflichtig“.
Auch das ist im Grunde beunruhigend, denn es werden weitere Eingriffe damit vorbereitet.
Danke für den Podcast.
Viele Grüße
Rüdiger
Die Lösung ist dann vielleicht, nicht mehr über Digistore zu verkaufen, sondern im eigenen Namen über Elopage, Copecart ect. So umgehst du das Risiko der „künstlichen“ Trennung von Kurs und Coaching. Ich bin keine Anwältin, aber so hab ich das verstanden im Interview.
Hey Sandra, sehr interessanter Podcast. Aber zwei Punkte sind mir nicht ganz klar.
1. Würde ein Gruppen-Call, wo Teilnehmer Fragen stellen und ich sie beantworte als synchroner Anteil angesehen werden oder gilt das nur bei einem Live-Call, wo du „nur“ unterrichtest, ohne die Möglichkeit der Rückfragen einzuräumen?
2. Du hattest kurz das Thema Rentenpflicht angerissen, aber es wurde hierauf nicht tiefer eingegangen. Hast du hierzu nähere Infos?
Liebes Sandra und Sabrina,
ein wichtiges Thema und Danke fürs Aufnehmen, den Überblick und die genaue Differenzierung.
Zum Ende der Folge wird es interessant und das würde ich auch den meisten empfehlen:
– Panik vermeiden, durchatmen, erst mal weitermachen
– Überdenken, ob Digistore (oder andere Wiederverkäufer) wirklich das Richtige ist (ich habe vor 2 Jahren Digistore verlassen und nutze nun sendowl.com und bin mega zufrieden mit den geringen Kosten – ich habe Tausende Euro gespart)
– Kurse erstellen, die die Leute lieben und niemand zurückgibt (und falls einer von 20 Käufern den Kurs zurückgibt, ist das völlig o. k. und da mache ich gar nicht lange herum)
Ich habe auch überlegt, ob ich zur ZFU gehe und mich dort zertifizieren lassen. Aber dann habe ich auch gelesen, dass die Zulassung mind. 1050,00 € beträgt.
D.h. ich bezahle mindestens 1050 € nur für die Zulassung für einen Kurs, der 500 € im Verkauf kostet. Finde ich völlig übertrieben. Und dann habe ich dadurch nur Nachteile. Ich sehe keinerlei Vorteile für uns Kursersteller.
Fazit: Gut zu wissen, was hier passiert – ich mache so weiter wie bisher. Ich bin gespannt, was hier noch passiert.
Beste Grüße
Cool, höchste Zeit sich als Gutachter für die ZFU zu positionieren – ich glaube da ist die nächsten Monate gut zu verdienen…
Hallo Sabrina, hallo Sandra,
ich rege mich jetzt nicht auf, sondern sage DANKE, dass ihr euch so in das Thema reinkniet.
Eine Frage ist für mich offen geblieben: Ich meine, Sabrina sprach von Kursen „im beruflichen Kontext“, also, die beruflich voranbringen. Was gilt dann für Hobby-Kurse für private Endkunden wie Videokurse z. B. zu den Themen Töpfern, Nähen, Malen usw.? Werden die auch als Fernkurse im Sinne der ZFU betrachtet und sind denselben Regeln unterworfen?
Ganz herzlichen Dank für eine Rückmeldung.
Franziska
Hallo Franziska,
ich hatte die ZFU angeschrieben und heute diese Rückmeldung erhalten:
»…bitte schauen Sie auf unserer Internetseite https://zfu.de/veranstaltende.html auf die Tabelle. Hier sind die Kriterien genannt, wann Fernunterricht nach dem Gesetz vorliegt.
Die Informationen zum Hobbylehrgang haben wir auf unsere Internetseite https://zfu.de/faqpaed.html#zwei präzisiert.
Es obliegt Ihrer Entscheidung, was eingereicht werden muss.«
Demnach sind Hobbykurse registrierungspflichtig (also Pflicht zur Anmeldung).
Und hier kann man sich die Gebühren anschauen:
https://www.zfu.de/files/Veranstalter/Verwaltungsgeuehren.pdf
Und wie unsere Beamte so sind, behalten die sich vor, selbst zu entscheiden, ob es sich um ein Hobby handelt oder vielleicht doch zulassungspflichtig ist (mehr Geld).